Reggae in Berlin

Lucky Dube Concert Review

Zuvor hatte Lucky Dube bereits eine regelrechte rastlose Weltreise hinter sich gebracht. Schaut man sich Luckys Tourplan seit März diesen Jahres an, kann man wirklich nur Respect zollen. Respect ist auch der Name seines neuen Albums und auch der passende Name für diese gewaltige Tour. Hat er noch im März Jamaica und verschiedene Stationen der Karibik, sowie Brasilien im Plan gehabt, so folgte nahezu nahtlos im April eine ausgedehnte Europatour mit 22 Stationen in den verschiedensten Ländern. Der Mai wurde dann im Berliner Kesselhaus eingeläutet. Am Folgetag war Brüssel an der Reihe und wurde bis zum 05.05. von den Stationen Bremen, Darmstadt und Zürich gefolgt. Danach endet der Tourplan erst einmal – zumindest bis jetzt.
Eine wohlverdiente Ruhepause wäre ihm jedenfalls zu gönnen.

Doch betrachten wir zuerst einmal ein paar Stationen aus Luckys Biography.
Lucky Phillip Dube wurde am 3. August 1964 auf einer kleinen Farm am Rande der südafrikanischen Stadt Ermelo geboren. Ermelo ist ein trockenes und unspektakuläres Gebiet ungefähr 150 Kilometer westlich von Johannesburg. Lucky"s Kindheit war nicht einfach. Seine Eltern trennten sich noch vor seiner Geburt. Später musste seine Mutter Sarah ihn und seine Geschwister wegen Arbeitssuche verlassen. So kam er mit seinen Geschwistern Thandi und Patrick zur Großmutter. Schwere Jahre folgten. Lucky begann selbst zu arbeiten um seine Familie zu unterstützen, in einem Alter, in dem die Kinder eigentlich in die Schule gehen sollten. Er fand Arbeit in den Gärten der weißen Vororte der Stadt. Trotz aller schwierigen Umstände fand Lucky später einen Grund die Schule zu besuchen – die Musik. Lucky wurde Teil des Chores und übernahm später auch die Rolle des Chorleiters. Er erreichte in dieser Zeit eine hohe Popularität bei den Lehrern und die Schule wurde nun ein sicherer Hafen in seinem Leben. Eines Tages fand Lucky in der Schule zufällig ein paar Musikinstrumente in einem Schrank und begann mit einigen Freunden damit zu experimentieren. Sie trafen sich immer wieder und „borgten“ sich die Instrumente aus, gründeten ihre erste Band „The Skyway Band“, bis sie leider eines Tages beim spielen von einem Lehrer entdeckt worden. Er nahm ihnen die Instrumente weg und schloß sie ein. Inzwischen war Lucky 18 Jahre alt und immer noch in der Schule, da er so spät damit begonnen hatte. Das Jahr 1982 war ein sehr wichtiges Jahr für Lucky. Er schloss sich der Band „The Love Brothers“ als Sänger an, die sein Cousin Richard Siluma gegründet hatte. Sie begannen im District zu touren und spielten zu diversen öffentlichen Events und in Schulhallen.


Die „Love Brothers“ spielten Zulu Musik, bekannt unter dem Namen Mbaqanga. Im selben Jahr begann die Zusammenarbeit mit der „Gallo Record Company“, die noch heute fortgeführt wird. Das erste Album kam heraus, aufgenommen mit den „Love Brothers“, aber veröffentlicht unter dem Namen „Lucky Dube and The Supersoul“ mit dem Titel „Kudala Ngikuncenga“. Richard produzierte die Aufnahmen und Lucky war der Sänger. Beim ersten Album hat Lucky noch nichts selbst geschrieben. Beim zweiten Album begann aber Lucky auch selbst zu schreiben. Es begann der erste bessere Verdienst und nach dem dritten Album konnte er sich leisten einige Instrumente und Aufnahmetechnik zu erwerben. Dann beschloß Lucky Englisch zu lernen, was sehr wichtig für seine weitere Entwicklung war. Nach dem Erscheinen seines vierten Albums waren die Verkaufszahlen so gut, daß Lucky das erste Geld sparen konnte. In der Zeit seines fünften Mbaqanga Albums traf Lucky mit Dave Segal zusammen. Dave wurde sein Ingenieur und eine langfristige erfolgreiche Zusammenarbeit nahm seinen Lauf. Der Name „Supersoul“ wurde fallengelassen und alle weiteren Alben kamen nur noch unter dem Namen „Lucky Dube“ heraus. Nun begann Lucky seine ersten Ausflüge in den Reggae. Diese Songs waren die Highlights seiner Auftritte und Lucky und Richard entschlossen sich ein Reggae-Album aufzunehmen. 1984 war es dann soweit - das erste Reggae-Mini-Album mit nur vier Tracks kam heraus - „Rastas Never Die“. Alle Instrumente wurden von Lucky und Dave selbst eingespielt. Die Plattenfirma war von diesen Reggae-Ideen nicht sehr begeistert. Die Verkaufszahlen fielen auch eher bescheiden aus im Verhältnis zu früheren Erfolgen der Mbaqanga Alben. Auch den südafrikanischen Machthabern war das Album ein Dorn im Auge und wurde sofort verboten. Lucky ließ sich aber nicht entmutigen. Die Öffentlichkeit begann auch nach und nach diese Musik mehr und mehr mit Lucky zu verbinden und jenes Publikum das Englisch verstand, war in die Reggaestücke seiner Auftritte besonders vernarrt. Schließlich kam es 1985 zur Veröffentlichung seines zweiten Reggae-Albums „Think About The Children“, welches zum Durchbruch führte. Allein in Südafrika erreichten die Verkaufszahlen Platinstatus. Ja und der Rest ist Geschichte. Inzwischen ist Lucky Dube bei seinem 21. Album angelangt und hat sich mit seinem eigenen afrikanischen Reggaestil bereits jetzt ein Denkmal gesetzt.



Doch nun zurück ins Kesselhaus. Das Tourmanagement in Deutschland wurde von Revelation Concerts getragen, die sich schon mit einer Reihe von erlesenen Künstlern wie Culture, Lee Perry, Anthony B und vielen Anderen einen guten Namen gemacht haben. Auch die Gigs in ganz Europa wurden in Zusammenarbeit mit den regionalen Partnern von Revelation Concerts organisiert. Gesamtbegleitend auf Luckys Tour war aber zusätzlich sein langjähriger Partner Dave Segal, der sich beständig um die Details der Show kümmerte. Mit etwas Verspätung, die mit guten Tunes aus der Konserve von DJ Simon (Soundbless) überbrückt wurde, kam dann endlich die Band auf die Bühne und spielte einen Mix aus diversen bekannten Stücken an. Während dessen kamen auch die bekannten fülligen drei Backgroundsängerinnen unter großem Jubel auf die Bühne getanzt, der nur noch durch Luckys darauffolgendes Erscheinen überboten werden konnte. Ohne fiel Federlesens und langes Bitten des Publikums geschah dies in der ersten Minute der Show, und Lucky begann seinen unermüdlichen energiegeladenen Auftritt.



Wer Lucky schon einmal erleben durfte wird wissen, daß es kaum einen Moment der Ruhe in seiner Show gibt. Ohne Pause, bis auf dem Griff zum Handtuch oder zur Wasserflasche, war eine atemberaubende Vorstellung zu erleben. Luckys Bewegungen, die fliegenden Dreads und seine ganze Mimik verschmolzen mit seiner Musik. Aber auch seine drei Backgroundsängerinnen waren neben ihrem Gesang auch ein visuell unersetzlicher Teil der Show. Mit farbenfreudigem Outfit, purer Lebensfreude und lustigen Gesten, boten die drei Damen die andere Seite des Auftritts. Man konnte sich kaum entscheiden wo man denn nun hinsieht, irgend etwas verpasste man mit Sicherheit. Lucky bot einen guten Querschnitt aus diversen Alben seines bisherigen Schaffens. Sein Megahit „Feel Irie“ durfte dabei natürlich nicht fehlen und wurde auch gar nicht erst bis zum Schluss aufgespart. Das Stimmungsbarometer wurde damit gleich zu Anfang auf die richtige Höhe gehoben und blieb bis zum Schluß erhalten. Wohl dosiert verteilte Lucky einige Stücke aus seinem neuen Album „Respect“ in seinem Programm. Mit dabei die Stücke „Political Games“, „Shut Up“, „Respect“ und Andere. Mit der Ansage von „Shut Up“ versuchte sich Lucky mal zum Spaß mit der deutschen Übersetzung „Halt´s Maul“. Mitten in der Show kam es auf einmal zum Entern der Bühne durch einen Rollstuhlfahrer, der eigentlich seine Beine nicht mehr richtig zum Einsatz bringen konnte. Es war nahezu unglaublich wie er, von der Begeisterung übermannt, sich aus dem Rollstuhl auf die Bühne zog. Einmal mit Lucky Dube auf der Bühne zu stehen, war offenbar sein einziger Wille. Anfangs wollte der Sicherheitsdienst die Situation beenden, aber letztendlich ließ man ihn gewähren und Lucky Dube meisterte die Situation. Erst als der Mann versuchte Lucky in seinem Auftritt zu behindern, sah Lucky etwas hilfesuchend nach seinem Manager. Letztlich bewegte sich der Mann aber wieder freiwillig von der Bühne, was sicher eine Erleichterung für alle Beteiligten war. Denn all zu schnell können solche Situationen auch außer Kontrolle geraten und unschön enden. Luckys Show ging währenddessen aber unvermindert weiter.



Konsequenter Roots-Reggae stand auf seinem Programm. Von aktuellen Dancehallsachen lässt er sich nicht beeinflussen und mag dessen überwiegende Themen auch nicht besonders. Lucky bleibt seiner Linie treu. Eigentlich hat Lucky Dube nahezu einen eigenen Reggaestyle geschaffen. Weite Strecken seiner Stücke erinnern wie allgemein bekannt sehr an Peter Tosh, der neben Bob Marley sein großes Vorbild ist. Die Beimischung afrikanischer Klänge ergibt dann den unverwechselbaren Style von Lucky Dube. Mit „Passa Passa“ ging die Show dann mehr in die afrikanische Richtung und war für die Freunde der afrikanischen Klänge ein besonderer Happen.



Nach knapp zwei Stunden unermüdlicher Performance war dann aber erst einmal eine Pause angesagt. Natürlich gab das Publikum nicht gleich auf und verlangte nach einer Zugabe, die auch nicht lange auf sich warten ließ. Lucky Dube erschien im frischen Bob Marley T-Shirt und ein letztes sehr langes Stück wurde dargeboten. Nun gab es auch ein paar vertauschte Rollen. Lucky war mal am Keyboard und der Keyboarder als Sänger zu erleben. Auch die Sängerinnen verließen Ihre Formation und trieben ein paar Späße auf der Bühne oder versuchten sich ebenfalls an den Instrumenten. Letztendlich kam aber wie immer das unvermeidliche Ende. Die Massive des Kesselhauses dürfte aber voll und ganz auf ihre Kosten gekommen sein. Es war ein mehr als gelungener Abend.



Nach der Show erleben wir Backstage einen völlig anderen Lucky Dube. Es erschien als habe man ihn ausgewechselt. Manager Dave hatte das Treffen so organisiert, daß im Backstageraum absolute Ruhe herrschte. Alle Bandmitglieder hatten inzwischen das Feld geräumt. Lucky hatte leider inzwischen seine schönen Dreads unter einer Mütze verstaut und saß still und sehr zurückhaltend auf dem Sofa. Unser Wortwechsel war daher auch sehr behutsam, aber trotzdem sehr freundlich. Lucky ist der absolut perfekte Performer auf der Bühne und bringt dort die Leute in Stimmung, aber privat ist das anders, da ist er geradezu schüchtern und der Gast ist gefordert. Dave ist dabei ein guter Freund und Manager, der in solchen Dingen Lucky angemessen zur Seite steht und etwas zur Auflockerung beiträt.
Lucky signierte dann noch unsere mitgebrachten Covers und erlaubte ein paar Fotos. Wir bedankten uns für das super Konzert und unseren Empfang und wünschten Dave und Lucky eine weitere gute Tour. So ging wieder einmal ein toller Abend im Kesselhaus zu Ende.



RESPECT
Released: 2006
Record Company: Gallo Record Company (South Africa)



01. Shut Up
02. Political Games
03. Changing World
04. Shembe Is The Way
05. Monster
06. Celebrate Life
07. The One
08. Choose Your Friends
09. Never Leave You
10. Mask
11. Touch Your Dreams



Nach Information seines Managements wird das Album „Respect“ auch in den Record-Shops von Deutschland in den nächsten Wochen erhältlich sein.


Hier noch ein paar Ausblicke:
Als nächstes Highlight im Kesselhaus wird´s am 14. Mai Elephant Man zu sehen geben. Dann werden die Dancehallfans voll auf ihre Kosten kommen.

Am 13. Juni kommt dann Sizzla Kolonji mit der Fire House Crew. Da wird für alle etwas dabei sein, denn von Sizzla kennt man neben Dancehall auch Roots-Reggae und andere Richtungen. Hoffen wir, daß er ein gutes Mittelmaß findet.
Ein weiteres Highlight, besonders für die weiblichen Dancehall-Fans, gibt es am 04. Juli mit Beenie Man und Collie Buddz.
Von Revelation Concerts ist außerdem noch eine Tour mit Yelloman in Vorbereitung, wo ebenfalls Berlin mit auf dem Programm steht.
Behaltet also die Website der Kulturbrauerei Berlin und dessen Veranstaltungskalender im Auge!

© Text und Fotos Peter Joachim


Mein besonderer Dank geht an das Berliner Kesselhaus, Revelation Concerts, Manager Dave Segal und natürlich Lucky Dube selbst, die mit zum Gelingen dieser Story beigetragen haben.