Reggae in Berlin

Raggabund Interview - "Mehr Sound" 2012

Raggabund gibt es seit 2005 bestehend aus den beiden Brüdern Paco Mendoza und Caramelo. Beide haben viele verschiedene musikalische Projekte am laufen; Paco Mendoza setzte zuletzt mit seiner Solo-Platte „Conciente Y Positivo “ ein Zeichen und Caramelo mit der Münchner Hip-Hop-Band Babacools. Jetzt ist es wieder Zeit für mehr Sound von Raggabund und wir trafen sie zu diesem Anlass im Berliner Lido, wo das Record Release-Konzert zur neuen Platte stattfand und die beiden Brüder samt Band anschließend richtig rockten.
 
Reggaeinberlin.de: Herzlich Willkommen in Berlin, Caramelo und Paco Mendoza.
Ihr seid jetzt auf eurer Record Release-Tour zu eurem neuen Album “Mehr Sound“. Es geht, wie der Name schon sagt, um mehr Sound. Lange ist es her, die Jahre sind verstrichen. Was habt Ihr in der Zwischenzeit gemacht?
 
Paco Mendoza: Wir haben 2006 das letzte Album rausgebracht und es war so, dass wir seitdem an vielen verschiedenen Projekten gearbeitet haben, Caramelo hat ein neues Album mit seiner Band Les Babacools und ich mein Soloalbum rausgebracht sowie Studium in Regionalwissenschaften Lateinamerikas beendet.
 
Reggaeinberlin.de: Es sind ja eine Menge Features mit drauf, am außergewöhnlichsten fand ich das mit Blumentopf. Könnt ihr mir erzählen, wie es dazu kam? Ich habe schon lange nichts mehr von ihnen gehört.
 
Caramelo: Wir kennen uns ja schon ein Weilchen, und dann dachte ich einfach, ich frage sie einmal. Und dann hatten sie auch Lust drauf. Die Töpfe haben ja ihr letzte „Wir “-Tour ziemlich abgefeiert, und auch bei der WM 2010 waren sie dabei und haben mit der „Raportage“ tägliche Berichterstatung gemacht. Und sonst hat jeder von ihnen sein eigenes Solo-Projekt am laufen.
 
Reggaeinberlin.de: Wie seid ihr vorgegangen bei den Aufnahmen zu Eurem neuen Album, hattet ihr ein bestimmtes Thema oder habt Ihr einfach drauf losgemacht?
 
Caramelo: Es ist ein Prozedere, das sich schon immer wiederholt. Man hat entweder eine Melodie im Kopf und baut darauf einen Text auf oder man halt eine Textidee und setzt diese musikalisch um. Oder mein Bruder hat ne Idee und fragt mich, ob ich Bock habe, dazu was zu machen oder andersrum.
 
Paco Mendoza: Es war nicht so ultra konzeptmäßig, wir haben einen relativ offenen Rahmen gehabt, weil wir halt mehr Sound haben wollten. Es ging uns schon darum, weil wir verschiedenste Themen und Stile zusammen bringen wollten – die Reise sollte durch unsere Leben und Ansichten gehen und wir wollten uns da nicht beschränken.
 
Habt ihr eine feste Rollenverteilung bei Raggabund?
 
Paco Mendoza: Wir haben eigentlich keine festgelegten Rollen. Wir sind musikalische Sportler, das heißt wir versuchen schon, uns gegenseitig zu toppen und uns anzuspornen. Zum Beispiel, mein Bruder macht geileren Ragga als ich..
 
Caramelo .. und mein Bruder spielt besser Gitarre als ich.
 
Paco Mendoza: Ja genau, jeder hat so seine Steckenpferde.
 
Reggaeinberlin.de: Ihr habt ja sehr viele andere musikalische Projekte, wie fließt das mit ein bzw. wie grenzt ihr Raggabund davon ab?
 
Paco Mendoza: Das fließt alles mit ein, selbst wenn du Fernsehen siehst und ein Bericht dich flasht, kann das auch in deine Arbeit mit einfließen. Da bauen wir gar keine Schranken auf, natürlich haben wir verschiedene Projekte, damit wir verschiedene Seiten unseres künstlerischen Schaffens ausleben können.
 
Caramelo: Man schaut ja auch danach, dass ein Album eine gewisse Farbe hat. Man hat ein Fundus an Ideen und Songs und sieht dann, zu welcher Band es am besten passt. Das passiert ganz natürlich. Andererseits versuchen wir schon, so viele Stile wie möglich zu verbinden und nicht zu sehr in eine Richtung zu gehen. Deswegen ist unsere letzte Scheibe schon sehr abwechslungsreich gestaltet.
 
Reggaeinberlin.de: Ihr habt ja jetzt ein Berliner Label mit La Chusma Records, das sich nicht als Reggae- und auch nicht als deutschsprachiges Label definiert.Wie kam es dazu?
 
Caramelo: Im Prinzip dadurch, dass wir uns kennen und uns vertrauen, und wir stehen ja auch auf die Mucke. Die Jungs sind ganz stark aktiv im Metal- und Worldbeat-Bereich, und unser Herz schlägt ja unter anderem auch dafür. Wir hatten einfach gemeinsame Ideen, wie man das Ganze voranbringen könnte, und dann haben wir beschlossen, mit ihnen zusammen das Album heraus zu bringen.
 
Reggaeinberlin.de: Ihr grenzt euch ja deutlich zum jamaikanischen Reggae ab. Alleine schon dadurch, dass Ihr nicht homophob seid.
 
Caramelo: Wir nehmen das Positive für uns raus und versuchen auch, das positive Lebensgefühl zu vermitteln, und das ist es eigentlich auch, das Raggabund ausmacht.
 
Paco Mendoza: Ja, genau: „Fick nicht die Welt, sondern schwänger sie!“- Eine meiner Lieblingszeilen [aus dem Song Ganjatherapie].
 
Caramelo: Deswegen kommen wir auch nicht klar damit, wenn negative Botschaften über die Musik verbreitet werden, auch faschistischer Art.
 
Paco Mendoza: Der Auslöser für den Song [Battyman] war wirklich, dass uns mehrere Soundsystems angesprochen haben und mit Argumenten gegen Schwule gekommen sind, die wir nicht nachvollziehen können. Und dann haben wir diesen Tune gemacht. Wenn du, wie hier, in einer aufgeschlossenen Gesellschaft groß wirst, dann kannst du sowas einfach nicht bringen.
 
Reggaeinberlin.de: Habt ihr ein Prinzip, nach dem Ihr eure Liveshows gestaltet?
 
Paco Mendoza: Am wichtigsten ist es, unser Ding durch zu ziehen: Live kann man ja auch wahnsinnig viel ausprobieren, bei jedem Konzet neu. Heute haben wir unseren Posaunen-Tailormade dabei und wollen einfach geile Party machen.
 
Reggaeinberlin.de: Ihr habt ja mit ihm auch Euer Album produziert, richtig?
 
Caramelo: Ja, wir haben es mit unserem Freund und Producer Tailorrmade aus Köln gemacht.
 
Reggaeinberlin.de: Tailormade, nach welchen Gesichtspunkten bist du bei der Produktion vorgegangen?
 
Tailormade: Wir kennen uns einfach schon sehr lange und unsere Zusammenarbeit passt ganz gut, weil die letzte Platte nicht nur Reggae ist, sondern ich auch viele andere, zum Beispiel Hiphop-Einflüsse mit einbringen konnte. Außerdem haben wir auch sehr viel über Distanz gemacht, uns Songs hin- und her geschickt.Wenn du die weiteste Spanne nimmst, dann sind es acht Jahre. Und irgendwann hat man beschlossen, dass man das in einen Rahmen packen will.
 
Reggaeinberlin.de: Ihr seid ja setzt seit über 10 Jahren in der Reggae Szene ziemlich tief involviert, wie seht ihr die Entwicklung in den letzten Jahren? Wo kommen wir her, wo geht’s hin?
 
Caramelo: Es gab immer diese Wellenbewegung, aber Reggae war auch immer eine Konstante, sowohl in der Szene als auch bei uns. Und wir haben gemerkt, dass Reggae auch zwischen den Musikstilen bei uns immer wieder als Kit fungiert, also du kannst Reggae wunderbar mit verschiedenen Stilen verbinden, weil es so gut zusammen passt! Ob es jetzt ein Cumbia-Beat ist und man dann noch ein Ragga drüber haut, oder ob man nen geilen Reggae-Flow hat und da einen Hiphopper dazu rappen lässt, das passt alles super gut zusammen. Und Reggae an sich hat so viele verschiedene Facetten und Gesichter! Du kannst butterweich mit Reggae umgehen, du kannst hart mit Reggae umgehen. Es gab um 2000 herum auf jeden Fall einen Hype und jetzt ist es ein wenig still geworden, aber Reggae war immer da und wird immer da sein.
 
Reggaeinberlin.de: Habt ihr einen speziellen Link zu Berlin? Was ist das Besondere, in Berlin zu spielen und vielleicht auch das Schwere daran?
 
Paco Mendoza: Ich liebe es, in meiner Heimatstadt zu spielen, dann habe ich es nicht so weit nach Hause (lacht). Es ist immer cool, in Berlin zu spielen. Berlin ist später als in anderen Städten, es ist wilder und es ist echt super einfach, hier die Musiker her zu bekommen, weil alle herkommen, es kennen lernen und hier Zeit verbringen wollen. Heute hat uns Berlin mit einem wundervollen Wetter empfangen, wir hatten 20 Grad, waren im Görli, haben abgechillt, Kaffee getrunken und echt eine super schöne Zeit verbracht.
 
Caramelo: Ja, und auch zu Reggaeinberlin.de war auch immer ein cooler Link da, ihr habt uns immer wieder eingeladen und supportet und: Raggabund vergisst nicht!
 
Paco Mendoza: Ja und ich bin selber auch gespannt, wie viele Leute heute überhaupt kommen, weil es gibt immer sehr viele Parallelveranstaltungen. Letztes Jahr bei der Paco Release Party war ja der Ober-Abriss hier, da ging es mega ab! Voll abgerockt.
 
Reggaeinberlin.de: Uns was ist der nächste Schritt nach dieser Platte?
 
Paco Mendoza: Es gibt viel zu sagen, deswegen halten wir auch nicht das Maul und es wird definitiv nicht lange dauern, bis die nächste Platte erscheint! Beim Summerjam wird es einen großen Gig geben, kommt uns besuchen auf Raggabund.de und holt Euch das neue Album. Big Up ReggaeinBerlin!

Interview 17.3.2012 Lido Berlin Text: Galina Pics: Perry