Reggae in Berlin

Christopher Martin Interview 2011

2005 gewann der damals 18-jährige Christopher Martin den Digicel Rising Stars Talentwettbewerb. Ein Ereignis, dass sein Leben nachhaltig verändern sollte und ihn mit einem Schlag auf ganz Jamaika bekannt machte. Der in St. Catherine, Jamaika, geborene Künstler gehört zu den wenigen Gewinnern solcher Talentwettbewerbe, die es geschafft haben sich im Musikgeschäft zu halten. Er tourte mit Gentleman durch Europa und steht nun vor der Veröffentlichung seines zweiten Albums. Sechs Jahre nach seinem Durchbruch ist Christopher Martin aus der Reggae-Szene zweifellos nicht mehr wegzudenken.

Erzähl mir von der Zeit vor dem Wettbewerb. Wie hat deine Gesangskarriere begonnen?

Ich habe in der Kirche angefangen zu singen. Du musst wissen, ich bin auf dem Land aufgewachsen und dort gab es damals nur zwei Möglichkeiten: Entweder du singst in der Kirche oder bei einem Sound. Ich konnte mich keinem Sound System anschließen, weil meine Familie streng gläubige Christen waren. Sie hätten es niemals zugelassen, dass ich Dancehall Tunes singe, also blieb mir nur die Kirche. In der High School habe ich das Fach „darstellende Künste“ belegt und angefangen zu schauspielern. Dort habe ich mein Talent entdeckt und realisiert, dass dies etwas seien könnte, womit ich eines Tages mein Geld verdiene.

Es ist bekannt, dass du viele künstlerische Talente hast. Warum hast du dich für die Musik entschieden?

Ich glaube in der Musik liegt einfach meine größte Stärke. Ich war auch schon immer gut darin Texte zu schreiben. Es Fällt mir leicht Worte zusammenzufügen. Früher habe ich Gedichte verfasst und Liebesbriefe für meine Freunde geschrieben, die sie dann ihren Freundinnen gegeben haben. Wenn man den Text hat, ist es nicht schwer ihn in einen Song umzuwandeln. Eine Melodie zu finden ist im Vergleich leicht.
Ich bin aber auch ein sehr guter Fußballspieler. Wenn ich kein Artist wäre, würde ich wahrscheinlich für die Reggae Boyz (Jamaikas Fussball Nationalelf) oder einen anderen Club spielen, wer weiß. (lacht)

Was hat dich dann dazu veranlasst 2005 an Digicells Rising Stars Wettbewerb mitzumachen?

Ich wurde 2005 mit der High School fertig und wollte auf's College gehen, doch dazu fehlten mir die Mittel. Ich wollte mir kein Geld von der Regierung leihen und meine Familie konnte es sich nicht leisten mich auf's College zu schicken. Der Wettbewerb war für mich also eine Gelegenheit die Studiengebühren aufzutreiben. Ich wusste, dass wenn ich gewinnen würde, ich genug Geld für die ersten drei bis vier Jahre hätte. Also habe ich es versucht. Ich hatte von Anfang an das Gefühl, dass ich es schaffen könnte zu gewinnen und so war es dann ja auch.

Wie hat sich dein Leben danach verändert?

Mein Leben hat sich nach dem Wettbewerb drastisch verändert. Ich konnte Sachen machen, die ich nie zuvor getan hatte. Auf einmal kannte jeder auf Jamaika meine Gesicht. Jeder kannte meine Stimme. Es war ein tolles Gefühl. Ich war nicht mehr der bescheidene Junge vom Land. Ich war ein Star. Früher bin ich oft umsonst auf kleineren Show aufgetreten, nun wurde ich für's Singen bezahlt. Ich habe getan was ich liebe und wurde dafür bezahlt, was besseres kann einem nicht passieren. Dadurch konnte ich mir Dinge leisten, die ich mir vorher nie kaufen konnte. Ich habe mein eigenes Apartment und kann meine Familie unterstützen. It's a joy!

Damals wolltest du auf's College gehen, was ist aus diesem Plan geworden?

Ein Semester habe ich noch vor mir. Mein Hauptfach ist Finanzwesen. Es ist ein totaler Gegensatz zur Musik.Ich werde meinen Abschluss machen und dann mein Zeugnis in der Tasche haben, aber mein Hauptfokus wird weiter auf dem Musik machen gerichtet bleiben.

Du hast im vergangenen Jahr einen Song mit Gentleman aufgenommen, der auch auf seinem Album „Diversity“ erschienen ist. Wie kam es dazu?

Wir haben uns das erste Mal 2007 getroffen, im Big Yard Studio in Kingston. Ich habe ihn gesagt, wie sehr mir seine Musik gefällt und dass ich eines Tages gerne einen Song mit ihm aufnehmen würde. Er sagte damals zu mir „Timing is the master, whenever the time is right....“. 2010 war es dann soweit. Wir gingen zusammen ins Studio und unser Song „To the Top“ wurde ein großer Hit.

Ihr seid dann auch zusammen auf Tour gegangen...

Ja, es war eine großartige Erfahrung. Wir sind durch ganz Europa gereist. Dabei ist mir aufgefallen das jedes Publikum in den einzelnen Ländern seine Besonderheiten hat. Bei jeder Show erwartete uns ein andere Vibe. Die Leute in Deutschland zum Beispiel haben sehr viel Energie verglichen mit Frankreich oder Belgien.

Ist es einfacher mit dem Publikum in Europa umzugehen als auf Jamaika?

Das würde ich nicht sagen. Denn egal wo ich bin ich gebe immer 100 Prozent. Ich gebe immer mein Bestes und werde nicht faul oder bequem auf der Bühne nur weil ich in Europa bin.

Rauchst du Gunjah?

Nein. Überhaupt nicht.

Auf Jamaika und in den meisten anderen Ländern auch ist Marihuana illegal, denkst du das sollte so bleiben?

Hmm, bei diesem Thema gehen die Meinungen auseinander. Ich muss ganz ehrlich sagen, dass es mir persönlich egal ist, weil es mich nicht betrifft. Ich weiß nicht, ob Jamaika davon profitieren würde, wenn Gunjah legal wäre. Jetzt da es illegal ist, man es verstecken muss, man es nicht überall bekommt, hat es einen bestimmten Wert für die Menschen, den es sicherlich verlieren würde, wenn man es an jeder Ecke legal kaufen könnte. Auf der anderen Seite müsste viele Menschen nicht mehr ins Gefängnis nur weil sie Gras rauchen... Vielleicht sollte man denen, die es illegal rauchen einfach raten vorsichtiger zu sein. (lacht)

Du hast bis jetzt ein Album rausgebracht, dass in Japan erschienen ist. Warum gerade dort?

Es gibt in Japan einen großen Markt für Reggae-Musik. Ein Label von dort mit den Namen Rockers Island, kam damals auf mich zu und wollte ein Album mit mir aufnehmen. Ich habe 21 Tracks mit ihnen zusammen eingespielt, die dann auf den Album erschienen. Die Arbeit hat mir viel Spaß gemacht – Es war ja mein allererstes Album.

Wird die Scheiben auch noch in anderen Ländern erscheinen?

Nein, das ist nicht geplant. Ich habe auch bereits ein weiteres Album hier in Jamaika aufgenommen. Das Album ist fertig, aber es gibt noch kein Release Date. Gentleman wird auch auf dem Album vertreten sein. Ich habe für das Album auch Songs mit Cecile, Shaggy und meinem Freund D Major aufgenommen. Meine Fans erwartet auf jeden Fall die beste Qualität, die sie auch sonst immer von mir erwarten können.

Vor einer Weile bist du in Afrika aufgetreten. Wie war das für dich?

Ich bin vorher auch schon mal dort gewesen, aber dieses Mal war wirklich verrückt. Das erste Mal bin ich in Afrika zusammen mit Shaggy aufgetreten. Dieses Mal war ich allein dort. Ich und Cecile. Wir waren in Nairobi in Kenia. Der Veranstaltungsort ist aus allen Nähten geplatzt und draußen haben immer noch tausende von Leuten gewartet. Ich habe so etwas noch nie zuvor erlebt. Die Menschen in Afrika lieben Reggae und sie warten sehnsüchtig darauf uns Artists mal live zu erleben. Ich werde auf jeden Fall wieder dort hin reisen. Im Moment gibt es Plane für Shows in Ghana und Gambia.

Was für Pläne hast du in nächster Zeit?

Es stehen einige Shows in den USA und in der Karibik an. Ich soll auch noch einige Dates mit Gentleman zusammen spielen. Einige Termine der Tour habe ich bereits verpasst. Ich will auch wieder zurück nach Deutschland kommen. Es hat mir dort sehr gut gefallen. Besonders Köln – ich könnte mir wirklich vorstellen dort zu leben, außer im Winter... (lacht)

Janika 2011